Gerd Börner
Gibt es einen größeren Gegensatz als Text und Bild in diesem Haiga? Johann Gottlieb Goldberg lebte im Spätbarock, nach ihm wurden
die Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach benannt. Was immer man mit Spätbarock (Übergang zum Rokoko) verbindet, die
Brücke im Haiga steht dazu sicherlich im starken Kontrast. Das Haiku scheint uns optisch, sowohl durch die Zentriertheit als auch durch
die typografische Gestaltung (hier: der sich verjüngende Text) aus unserer „einengenden“ Gegenwart (Brückenbögen) herauszulocken.
Sind es nicht unsere Sehnsüchte nach Harmonien, die wir vielleicht selbst gar nicht konkret benennen können, die diesem Sog hin zu
einer
anderen Welt erliegen und in der wir gefühlsmäßig einschwingen möchten – zumindest für eine kurze Zeit? Bringen sie eine Saite
in uns
zum Klingen – oder erscheinen
sie uns fremd, gar befremdlich, diese Klänge aus einer anderen Zeit?
Claudia Brefeld