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Haiga-Besprechung

 

 

in 65-2023/11

 

Nebel im Gegenlicht

die Haube eines Spechts

lockt uns tiefer                                         Debbie Strange

 

Claudia Brefeld:
Das Haiku strahlt die Leichtigkeit eines Zaubers aus. Der Bildaufbau unterstützt diese Aussage: die Farbigkeit der rechten Seite lockt den Blick (über den Nebel auf der linken Seite) in das Bild hinein – eine harmonische und stimmige Ergänzung zum Haiku. Ein Haiga, das keiner weiteren Erläuterung bedarf, sondern in seiner Gesamtheit eine Verknüpfung von Vorstellungen hervorruft und damit nuancierte Stimmungen evoziert!


 

in 61-2023/6


 

Erika Hannig

 

Claudia Brefeld:
Das Bild greift die Stimmung des Haiku auf und intensiviert sie. So wie das Gelb der Blüte etwas Helligkeit zu vermitteln scheint, evoziert das Mondlicht trostspendend eine innerliche Wärme. Ist es eine – vielleicht nicht ganz unfreiwillige – Anpassung an eine Lebenssituation, sich vom Tag abzuwenden und in der Stille der Dunkelheit zu verankern? Das fließende Wasser im Hintergrund ist sicherlich keine zufällige Metapher für den Fluss des Lebens. Genau an dieser Stelle öffnet sich das Haiga und bietet Raum, um in eigene Assoziationen und Stimmungen einzutauchen.



in 58-2023/3

 

 

Ramona Linke

Claudia Brefeld:
Auf den ersten Blick korrespondiert der „weiche“ Gesamteindruck des Bildes mit dem „leisen“ Inhalt des Haiku. Leicht zentriert und ruhig. Unmerklich, aber gleichzeitig deutlich wahrnehmbar, scheint das schwarz-weiß gehaltene Haiga den Unterschied zwischen „oben“ und „unten“ hervorzuheben. Vielleicht auch zwischen Heimat und Fremde? Beginnt etwas zu verschwimmen … Frieden und Bedrohung? Die Zentrierung, die einen Sogeffekt andeutet, und die verwischten Konturen könnten darauf hindeuten – ein Raum für Assoziationen.

 

 

 

in 57-2023/2

 

 

Gabriele Hartmann

Claudia Brefeld:
Gleich zu Beginn wird der Einstieg in das Haiga durch die pinkfarbene Schrift und dem Wort „Infusion“ auf der linken Seite ausgebremst. Die Farbe hat hier eine gewisse Signalwirkung, wobei sie eigentlich auch Zuneigung symbolisiert und als Stimmungsaufheller angesehen wird. Das Bild selbst ist in einem verhaltenen Schwarz-Weiß gestaltet und strahlt trotz der vertikalen Musteranordnung eine diffuse Unruhe aus. Wandert der Blick weiter nach rechts, wird er vom zweiten Teil des Haiku aufgefangen, unterstützt durch seinen – in gewisser Hinsicht erlösenden (?) – Inhalt. So evoziert das Haiga insgesamt eine spürbare Ambivalenz.

 

 

 

in 56-2023/1

 

 

Regenspuren am Sturmfenster ein weiterer Tag                      Jim Kacian

Claudia Brefeld:
Es ist die Reduktion der Gestaltung, die das Eindringliche des Haiga-Inhalts hervorhebt. Die schlichte Linienführung wird durch nichts abgelenkt. Der Schriftzug gibt die Richtung vor und rinnt mit den Linien von oben nach unten, verstärkt das Gefangen sein in der Eintönigkeit dieser Tage.
Farblich ist das Haiga in Schwarz-Weiß gestaltet, nur der Schriftzug weist ein Dunkelpurpur auf. Könnte Purpur, Inbegriff für Kostbarkeit, auf die Kostbarkeit der Zeit hinweisen – und auf ihr unaufhaltsames Zerrinnen – so wie auch die Regenspuren? Mit Blick auf das Sturmfenster im Zentrum des Haiga wird eine spürbare Ambivalenz deutlich. Isolation? Schutz? Die unruhig wirkenden Linien scheinen dies zu unterstreichen.