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Claudia Brefeld                                                                     artgerecht & ungebunden



Japanische Haiku-Dichterinnen

 

 

 

Kawai Chigetsu (1634? -1718?) 

Chigetsu Ni

 

Von Chigetsus Kindheit und Jugendzeit ist nur wenig überliefert. Als Geburtsjahr wird in der Regel 1634 angegeben (seltener 1632 oder 1640). Relativ sicher scheint aber zu sein, dass sie in Usa, in der Nähe von Kyoto, geboren wurde und in jungen Jahren am kaiserlichen Hof arbeitete.

Die Bedeutung des Tenno-Amtes war im Laufe seiner Geschichte starken Schwankungen unterworfen. Waren die Tenno noch im 7.-8. Jahrhundert die oberste Regierungsinstanz, wurden sie nachfolgend mehr und mehr durch Regenten und Shogune eingeschränkt. Diese übernahmen vom 12.-16. Jahrhundert die gesamte Regierungsgewalt.
Nach einem grausamen Bürgerkrieg und einer blutigen Einigung Japans verlegte der Shogun Tokugawa Ieyasu 1603 die neue Hauptstadt weit weg vom Kaiserhof in Kyoto nach Edo (dem heutigen Tokyo). Japan wurde in Provinzen eingeteilt, die von Fürsten (Daimyo) regiert wurden. Diese waren dem Shogun lehnspflichtig. Dabei ging es um Militärdienst und die Pflicht, Abgaben an die zentrale Regierung abzuführen.
So wurde der politische Einfluss des japanischen Kaisers auf ein Minimum reduziert.
Go-Mizunoo (1596-1680) war von 1611 bis 1629 Tenno von Japan. Während dieser Zeit wurde kein männlicher Erbe geboren, sodass die Tochter Meisho (1624-1694) zu seiner Nachfolgerin (von 1629-1643) ernannt wurde. Sie war eine der ganz wenigen weiblichen Tenno überhaupt und die einzige während der Edo-Zeit. Außerdem war sie bis heute die zweitletzte Frau auf dem Chrysanthemum-Thron. Sie heiratete nicht und hatte während ihrer Amtszeit keine Kinder.


Chigetsu heiratete später Kawai Saemon, ein Händler, der ein großes Fuhrgeschäft in Otsu in der Omi-Provinz betrieb. Diese Stadt (ca. 10 km von Kyoto) lag am südwestlichen Ufer des Biwa-Sees. Die Ehe blieb kinderlos. Und als ihr Ehemann um 1686 starb, adoptierte sie ihren jüngeren Bruder Otokuni (1657-1720), damit dieser als Erbe das Familienunternehmen leiten konnte.

Während der ugawa-Periode (Edo-Zeit) gewannen neokonfuzianische Gedanken zunehmend an Einfluss. Ein essentieller Lehrsatz war, dass jeder seine Pflicht an seinem Platz tun solle. So hatten Mädchen Unterwerfung und Hingabe gegenüber ihrem Vater und männlichen Verwandten zu zeigen. Außerdem wurde von den Frauen erwartet, dass sie ihren Ehemännern dienten und später ihren Söhnen, wenn diese das Mannesalter erreicht hatten. Sie wurden dahingehend erzogen, dass Haus eher nicht zu verlassen oder keine öffentlichen Plätze zu besuchen. Nur der Ehemann war berechtigt, eine Scheidung einzureichen.
Es war eine verbreitete Ansicht, dass Frauen von Natur aus dumm und neidisch seien, aber ausgerechnet sie managten den Haushalt und waren für die Familienfinanzen zuständig.


Unter dem Einfluss von Otokuni, der ein Schüler Bashōs gewesen war, begann Chigetsu, sich ernsthaft mit dem Haiku schreiben zu beschäftigen und veröffentlichte ihre Werke unter dem Namen Otsu. Zwischen Chigetsu und Otokuni bestand eine herzlich enge Verbindung. So dachte Otokuni, der sich einmal auf einer Reise befand, liebevoll an sein Zuhause und überlegte, was seine ältere Schwester vielleicht wohl gerade in der Küche machte und verfasste dem entsprechend ein Haiku.
Beide luden oft den großen Poeten Bashō in ihr Haus ein und komponierten so Haiku und renga miteinander.

Bashō, mehr als 10 Jahre jünger als Chigetsu, konnte mit ihr, wie mit kaum einer anderen Frau, scherzen und entspannen, denn sie waren nicht nur Lehrer und Schülerin im Sinne des haikai, sondern auch sehr eng außerhalb dieser Verbindung befreundet. Und es waren Chigetsu und Otokunis Frau, die ein Gewand für Bashō anfertigten, um es auf der Reise jenseits dieser Welt zu tragen.

Chigetsu schien eine unternehmungslustige, relativ sorglose und aufgeschlossene Person gewesen zu sein. Auch, nachdem sie sich nach dem Tod ihres Ehemannes ihren Kopf rasiert hatte, ging sie nicht in ein Kloster, sondern blieb zu Hause, genoss ihr Leben und starb als zufriedene Großmutter im Jahre 1718 (einige Quellen verweisen auch auf 1705, 1706, 1708, 1736).

 


magodomo ni hiki okosarete toshi no kure



die Enkel kommen
und ziehen mich aus dem Bett -
Jahresende



(Übersetzung in Zusammenarbeit mit Gabi Greve)

(Claudia Brefeld: 23-11-2008)


Literatur:

Ueda, Makoto (2003):
Far beyond the fields – Haiku by Japanese Women: An Anthology, ISBN 0-231-12862-2

Rexroth, Kenneth; Atsumi, Ikuko (1977):
Women poets of Japan, ISBN 0-8112-0820-6

Yukiko, Tanaka; Hanson, Elisabeth (1982):
This Kind of Woman
Stanford University Press, Stanford

Asataro, Miyamori (1932):
An Anthology of Haiku – Ancient and Modern
Maruzen, Tokyo

Frases y pensamientos – Kawai Chigetsu (Stand 23-11-2008)

Wikipedia – Edo-Zeit (Stand 23-11-2008)

Wikipedia – Tenno (Stand 23-11-2008)

Wikipedia – Go-Mizunoo (Stand 23-11-2008)

Wikipedia – Meisho (Stand 23-11-2008)

Wikipedia – Geschichte Japans (Stand 23-11-2008)