Von Chigetsus Kindheit und Jugendzeit ist nur wenig
überliefert. Als Geburtsjahr wird in der Regel 1634 angegeben (seltener
1632 oder 1640). Relativ sicher scheint aber zu sein, dass sie in Usa,
in der Nähe von Kyoto, geboren wurde und in jungen Jahren am
kaiserlichen Hof arbeitete.
Die Bedeutung des Tenno-Amtes war im Laufe seiner Geschichte starken Schwankungen
unterworfen. Waren die Tenno noch im 7.-8. Jahrhundert die oberste
Regierungsinstanz, wurden sie nachfolgend mehr und mehr durch Regenten
und Shogune eingeschränkt. Diese übernahmen vom 12.-16. Jahrhundert die
gesamte Regierungsgewalt.
Nach einem grausamen
Bürgerkrieg und einer blutigen Einigung Japans verlegte der Shogun
Tokugawa Ieyasu 1603 die neue Hauptstadt weit weg vom Kaiserhof in Kyoto
nach Edo (dem heutigen Tokyo). Japan wurde in Provinzen eingeteilt, die
von Fürsten (Daimyo) regiert wurden. Diese waren dem Shogun
lehnspflichtig. Dabei ging es um Militärdienst und die Pflicht, Abgaben
an die zentrale Regierung abzuführen.
So wurde der politische
Einfluss des japanischen Kaisers auf ein Minimum reduziert.
Go-Mizunoo (1596-1680) war von 1611 bis 1629 Tenno von Japan. Während dieser Zeit wurde kein
männlicher Erbe geboren, sodass die Tochter Meisho (1624-1694) zu seiner
Nachfolgerin (von 1629-1643) ernannt wurde. Sie war eine der ganz
wenigen weiblichen Tenno überhaupt und die einzige während der Edo-Zeit.
Außerdem war sie bis heute die zweitletzte Frau auf dem
Chrysanthemum-Thron. Sie heiratete nicht und hatte während ihrer
Amtszeit keine Kinder.
Chigetsu heiratete später Kawai Saemon, ein Händler,
der ein großes Fuhrgeschäft in Otsu in der Omi-Provinz betrieb. Diese
Stadt (ca. 10 km von Kyoto) lag am südwestlichen Ufer des Biwa-Sees. Die
Ehe blieb kinderlos. Und als ihr Ehemann um 1686 starb, adoptierte sie
ihren jüngeren Bruder Otokuni (1657-1720), damit dieser als Erbe das
Familienunternehmen leiten konnte.
Während der ugawa-Periode
(Edo-Zeit) gewannen neokonfuzianische Gedanken zunehmend an Einfluss.
Ein essentieller Lehrsatz war, dass jeder seine Pflicht an seinem Platz
tun solle. So hatten Mädchen Unterwerfung und Hingabe gegenüber ihrem
Vater und männlichen Verwandten zu zeigen. Außerdem wurde von den Frauen
erwartet, dass sie ihren Ehemännern dienten und später ihren Söhnen,
wenn diese das Mannesalter erreicht hatten. Sie wurden dahingehend
erzogen, dass Haus eher nicht zu verlassen oder keine öffentlichen
Plätze zu besuchen. Nur der Ehemann war berechtigt, eine Scheidung
einzureichen.
Es war eine verbreitete
Ansicht, dass Frauen von Natur aus dumm und neidisch seien, aber
ausgerechnet sie managten den Haushalt und waren für die
Familienfinanzen zuständig.
Unter dem Einfluss von Otokuni, der ein Schüler Bashōs
gewesen war, begann Chigetsu, sich ernsthaft mit dem Haiku schreiben zu
beschäftigen und veröffentlichte ihre Werke unter dem Namen
Otsu. Zwischen Chigetsu und Otokuni bestand eine herzlich enge
Verbindung. So dachte Otokuni, der sich einmal auf einer Reise befand,
liebevoll an sein Zuhause und überlegte, was seine ältere Schwester
vielleicht wohl gerade in der Küche machte und verfasste dem
entsprechend ein Haiku.
Beide luden oft den großen Poeten Bashō in ihr Haus
ein und komponierten so Haiku und renga miteinander.
Bashō, mehr als 10 Jahre jünger als Chigetsu, konnte
mit ihr, wie mit kaum einer anderen Frau, scherzen und entspannen, denn
sie waren nicht nur Lehrer und Schülerin im Sinne des haikai, sondern auch sehr eng
außerhalb dieser Verbindung befreundet. Und es waren Chigetsu und
Otokunis Frau, die ein Gewand für Bashō anfertigten, um es auf der Reise
jenseits dieser Welt zu tragen.
Chigetsu schien eine unternehmungslustige, relativ
sorglose und aufgeschlossene Person gewesen zu sein. Auch, nachdem sie
sich nach dem Tod ihres Ehemannes ihren Kopf rasiert hatte, ging
sie nicht in ein Kloster, sondern blieb zu Hause, genoss ihr
Leben und starb als zufriedene Großmutter im Jahre 1718 (einige Quellen
verweisen auch auf 1705, 1706, 1708, 1736).
magodomo ni hiki okosarete toshi no kure
die Enkel kommen
und ziehen mich aus dem Bett -
Jahresende
(Übersetzung in Zusammenarbeit mit Gabi Greve)
(Claudia Brefeld: 23-11-2008)
Literatur:
Ueda, Makoto (2003):
Far beyond the fields – Haiku by Japanese Women: An Anthology, ISBN
0-231-12862-2
Rexroth, Kenneth; Atsumi, Ikuko (1977):
Women poets of Japan, ISBN 0-8112-0820-6
Yukiko, Tanaka; Hanson, Elisabeth (1982):
This
Kind of Woman
Stanford University Press, Stanford
Asataro, Miyamori (1932):
An Anthology of Haiku – Ancient and Modern
Maruzen, Tokyo
Frases y pensamientos – Kawai Chigetsu
(Stand 23-11-2008)
Wikipedia – Edo-Zeit
(Stand 23-11-2008)
Wikipedia – Tenno
(Stand 23-11-2008)
Wikipedia – Go-Mizunoo
(Stand 23-11-2008)
Wikipedia – Meisho
(Stand 23-11-2008)
Wikipedia – Geschichte Japans
(Stand 23-11-2008)
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